Saaltext Ausstellung Kaskadenkondensator Basel, 1996
von: Christa Ziegler

Die Betrachter und das Kunstwerk

Die Betrachter und das Kunstwerk 1996 Inkjet Print auf Papier und Holz, 270x 800cm
Die Künstlerin Susanne Fankhauser hat für den Ausstellungsraum eine grosse Zeichnung am Computer entwickelt. Diese Plots sind leicht schräg an die Wand gelehnt. Der Stuhl auf dem Bild ist so gross wie der Stuhl davor. Der abgebildete Raum hat Tiefe, die Ebenen sind komplex ineinander verschachtelt. Zuerst sehen Sie vielleicht die Betrachter, wie sie betrachten. Vielleicht aber sehen Sie erst die Betrachter, wie sie die Betrachter betrachten. Die Stühle sind hier wie da ein wenig verschoben. Setzen Sie sich trotzdem!

Sie sehen im Hintergrund ein Modell einer Stadt mit Blumen, daneben Notenständer für die Fliegen unter einem riesigen Kristall. Ganz hinten sehen Sie drei Fotografien mit einer Bank - diese Bank ist im Vordergrund wiederzuerkennen. Eine Dame räkelt sich, die Pinocchios schauen diesmal nicht ihrer eigenen Gewalttätigkeit zu, ihr Blick geht in den leeren, undefinierten Raum. Ein Engel schaut uns erschöpft an, er ist wieder und wieder bearbeitet worden. Was erst wie ein apokalyptisches Bühnenbild mit Wartenden aussieht, entschlüsselt sich nach und nach.

Susanne Fankhausers Arbeitsmaterial sind Abbildungen von künstlerischen Arbeiten aus Kunstmagazinen: Installationen, Situationen im Museum und Videostills. Durch die stark stilisierte bildnerische Bearbeitung dieser Situationen werden die Elemente zu gleichgestellten Spielsteinen. Die so entwickelte Zeichnung ist sehr farbig, colorierte Flächen sind durch Linien gefasst, sie erinnern an Comics oder Illustrationen. Wie ein DJ verwendet Susanne Fankhauser diese Fragmente, trennt das Sofa vom Bild, bringt das Bild mit dem Engel, dem Fenster und den Büschen in Zusammenhang und entwickelt so ihre eigene Geschichte. Dies kann interpretativ auf die Originale wirken oder durch überraschendes Aufeinandertreffen eine völlig neue Wirklichkeit schaffen. Die Geste der Aneignung hat subversive Kraft, weil die Arbeit nicht von der ursprünglichen Kraft des verwendeten künstlerischen Materials, sondern durch die Erfindung einer neuen Situation getragen wird.